Klosterregeln, Klosterleben
Streifzüge durch den klösterlichen Alltag in der Wadgasser Abtei

Die klösterliche Gemeinschaft in Wadgassen bestand aus einer Gruppe von Priestern und Laien, die sich für ein geistliches Leben nach augustinisch-prämonstratensischen Regeln in Wadgassen entschieden haben. Dabei sollte man nicht vergessen, daß Prämonstratenser grundsätzlich Chorherren und keine Mönche sind. Das heißt, es handelt sich in der Regel um Priester, die sich zu einem gemeinschaftlichen klösterlichen Leben zusammengeschlossen haben. In der Hierarchie war der Abt mit der Leitung des Klosters betraut. Ihm beiseite stand ein Prior oder Subprior. Für sämtliche Bereiche des klösterlichen Betriebes - denn das Wadgasser Kloster war als Gutshof mit landwirtschaftlichem Betrieb und eigenen Werkstätten ein Wirtschaftsunternehmen - gab es einen Hauptverantwortlichen wie z.B. den Novizenmeister, den Kellerar, den Vestiarius (Kleidermeister), den Bibliothekar oder den Küchenmeister (Culinarius). Wie jede Abtei versuchte auch Wadgassen möglichst unabhängig zu sein und zu wirtschaften. Unabhägigkeit herrschte auch in Bezug auf die Abtswahl, bei der der Convent selbst den neuen Abt wählte. Nach der Wahl wurde dieser dann in der Regel von den

Tagesablauf im Wadgasser Kloster nach Michael Tritz[1]
Graphik: © Patrik H. Feltes unter Verwendung einer Abbildung des Siegels
von Abt Reinerus (Abt von 1219-1260)

Saarbrücker Grafen und dem Ordensgeneral in Prémontré bestätigt und vom Trierer Erzbischof benediziert. Größere Besitzungen der Abtei wurden mit Pröbsten oder Prioren aus Wadgassen besetzt (z.B. Merzig oder der Wadgasser Besitz in Ensheim). Sie waren die Stellvertreter des Abtes und gleichzeitig Leiter des jeweiligen Wirtschaftsbetriebes im Sinne einer Niederlassung der Wadgasser Zentrale. Mindestens zweimal sind in den Klosterannalen[2]  Statuten aufgelistet, die sich der Convent selbst verordnet hat und die unmittelbar vor einer Abts-wahl niedergelegt wurden, um den zukünftigen Abt daran zu binden, was den besonderen Grad der Selbständigkeit des Wadgasser Conventes unterstreicht. Vor der Wahl von Abt Kilian Heylmann (Februar 1525) wurde z.B. ein Statut mit 11 Punkten beschlossen, durch das der Kandidat verpflichtet wurde, anzunehmen.  

Ora, labora et industria in orbe

Es enthielt u.a. die Verpflichtung zur Anstellung eines Schulmeisters zum Unterricht der Jugend, die Feststellung, daß die Abtsweihe im Kloster zu erfolgen hat oder daß der Convent sich ein Mitspracherecht bei Verkauf und Verpfändung von Klostergütern vorbehält. Unmittelbar nach der Besetzung der Abtei durch lothringische Soldaten aus Wallerfangen im Jahre 1571 werden im darauffolgenden Jahr 9 Punkte umfassende Statuten aufgestellt, die z.B. Forderungen nach dem Ausbau der Schlafsäle stellen, die feststellen, daß für die kranken Brüder zu sorgen ist und diese mit entsprechender Nahrung und Kleidung zu versorgen sind oder daß die Klostergeschäfte durch einen juristisch kundigen Syndicus zu führen seien[3]. Neben diesen Regeln und Statuten gab es grundsätzliche, durch den Orden vorgeschriebene Regeln, die in jedem Falle eingehalten werden mußten, da sie das Gemeinschaftsleben des Conventes regelten. Daß ein Kloster und Wirtschaftsbetrieb von der Bedeutung Wadgassens nicht ohne feste Regeln auskommen konnte, versteht sich von selbst, zumal ja auch den religiös- theologischen Erfordernissen des kösterlichen Alltags Rechnung getragen werden mußte. Die im Verlaufe der Ordensgeschichte mehrfach erneuerten Ordensstatuten regelten den Ablauf des Gemeinschaftslebens im Kloster sehr genau. Der oben in Form einer 24-Stunden-Uhr aufgezeichnete Tagesablauf entspricht den im Jahre 1621 von Abt Johannes Berensis erlassenen Statuten zur Regelung des Tagesablaufs im Kloster[4]. Bemerkenswert ist hier der hohe Anteil an Arbeits- und Studienzeit, die im Chorherrentag vorgesehen sind. Die Bedeutung des Chorgesangs ist ebenfalls für den Tagesablauf hervorzuheben, wenngleich die Wadgasser Regeln die allgemeine klösterliche Tagesordnung leicht variieren. Eine Klostergemeinschaft wie diejenige der Wadgasser Prämonstratenser  fungierte ja als Wirtschaftbetrieb und geistiger Stützpunkt für den Einsatz in zahlreichen Dörfern und Pfarreien, die von hier aus betreut und verwaltet wurden. Das 'Beten und Arbeiten' wurde auch auf den Pfarreidienst erweitert und fand somit nicht nur hinter den Klostermauern statt. Der dargestellte Tagesablauf zeigt jedoch auch, wie sehr sich alles an der Gemeinschaft orientierte und der einzelne Bruder oder Chorherr im strengen Sinne kaum Möglichkeiten hatte, sich ohne Sanktionierung außerhalb dieser Regeln zu stellen - ein wesentliches Kennzeichen der Klostergemeinschaften.

[wird noch fortgesetzt]

 

© Patrik H. Feltes, M.A.

 

Anmerkungen

[1] Tritz, Michael: Geschichte der Prämonstratenserabtei Wadgassen (...). Wadgassen: Selbstverlag, 1901 [ND 1978]
[2] Breviarium sive Compendium omnium fundationum præcipuarum & anniversariorum ab origine WADEGOTIÆ factorum formam referens ANNALIUM. Wadegotia [=Wadgassen], Prämonstratenser- Chorherrenstift, 1743 [Exemplar der Klosterannalen des Conradus Piscator fortgeführt bis zum Jahre 1743 aus der Bibliothek des Klosters Strahov/Prag] 
[3] Tritz, a.a.O., Seite 86
[4] Tritz, a.a.O., Seite 405

 

Letzte Änderung: 20. September 2002

 

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