Das Abtswappen des Michael Stein

Bild: Wappen von Abt Michael Stein


Abbildung 1
(Wappen anklicken für größere Abbildung)

von Patrik H. Feltes, M.A.

Allgemeine Einleitung

Ausgesprochen wenig ist immernoch bekannt über die Wappen der Wadgasser Äbte, sowie deren Symbolik und in welcher Form sie Verwendung fanden. Abgesehen von den Darstellungen der Klosterannalen(1)  existieren einige wenige Zeugnisse in Holz oder Stein oder in einzelnen Druckwerken. Wir besitzen jedoch keine oder nur rudimentäre Belege über die Verwendung dieser Wappen und die Bedeutung ihrer Symbolik. Tatsache ist, daß generell Äbte als geistliche Herren erst spät begannen, eigene Wappen zu führen. Die Wadgasser Abtei verwendete gleich nach ihrer Gründung ein Siegel, auf dem meist eine Madonna mit dem Kind dargestellt wurde. die als Patronin des Klosters fungierte.Aus der Anfangszeit des Prämonstratenserchorherren- stiftes sind auch Siegel überliefert, die nicht die Madonna darstellen. Vor diesem Hintergrund läßt sich sagen, daß die Wappendarstellungen der Klosterannalen nur zu einem Bruchteil als gesicherte Wappen derjeweiligen Äbte gelten können. Nach Durchsicht der Serie der Abtswappen, die den beiden überlieferten Fassungen der Wadgasser Klosterannalen beigegeben sind muß zunächst festgestellt werden, daß es sich

hierbei um die Darstellung einer Wappenreihe handelt, die in der Ausführung stark geprägt ist durch eine barocke Impresen- und Emblemtradition. Die Form und Ausfertigung der Wappenbilder müssen daher in eine barocke Heraldiktradition gestellt werden.  Dies gilt nicht nur für das bekannte angebliche Wappen des in den Annalen überlieferten Gründerabtes Wolfram, das Lilie, Kreuz und Abtsstab neben einem Wappenspruch ‚desertum florebit quasi lilium‘ zeigt, mit Sicherheit aber im 17. Jahrhundert zum Zwecke der neuerlichen Traditionsbildung in der durch den Dreißigjährigen Krieg stark in Mitleiden- schaft gezogenen Wadgasser Gegend erfunden und gestaltet worden ist. Es ist daher zu vermuten, daß eine solche Auflistung der Abtswappen seit Gründerabt Wolfram am ehesten als Symbol für die Kontinuität von weltlichem und geistlichem Herrschaftsanspruch im Wadgasser Raum und den übrigen Wadgasser Besitzungen gesetzt worden ist. Nichtsdestotrotz lassen sich Wappenbilder, die zeitlich näher am Zeitpunkt der Abfassung der Klosterannalen liegen, schon eher als tatsächliche Wappenbil- der im Sinne eines äbtlichen Hoheitszeichens nachweisen. In den ersten Jahrhunderten der Abtei Wadgassen trat diese bei offiziellen Gelegenheiten, die beispielsweise die Ausstellung einer Urkunde erforderlich machten vor allem mit ihrem Conventssiegel in Erscheinung, deren einige bis heute mit den betr. Urkunden überliefert sind. Am Beispiel des historisch als gesichtert geltenden Wappens von Michael Stein soll nachfolgend und in weiteren Untersuchungen der Frage nach der Er-scheinungsform und der Symbolik der Wappen der Wadgasser Äbte nachgegangen werden. Abt Michael Stein (*1697 - †1778) zählt zweifelsohne mit zu den bedeutendsten Äbten des Prämonstratenser-Chorherrenstiftes Wadgassen. Er hat vor allem mit Hilfe der Fortsetzung der unter seinem Vorgänger Hermann Mertz begonnenen Baumaßnahmen in Wadgassen und in vielen zur Herrschaft Wadgassen gehörigen Orten und Pfarreien die Abtei Wadgassen und die zu ihr gehörigen Gebiete modernisiert und auf eine solide wirtschaftliche Basis gestellt. Daß dies besonders notwendig war, mag vor allem aufgrund der Zerstörungen und Plünderungen des Dreißigjährigen Krieges verständlich erscheinen. Das sollte vor allem die Herrschaft Wadgassen festigen und in ihrem Fortbestand sichern, da sie immer wieder durch Übergriffe der seit der Reformation protestantischen Saarbrücker Fürsten belästigt wurde und sich gezwungen sah, ihr angestammtes Recht in zahlreichen Prozessen (Wadgassen war meistens gegen Saarbrücken erfolgreich) vor dem Reichskammergericht in Wetzlar zu erstreiten. An einigen von Michael Stein initiierten Gebäuden ist - meist in vereinfachter Form - sein Wappen angebracht und wie beispielsweise beim ehem. Pfarrhaus der Abtei in Berus im Schlußstein des Eingangs erkennbar. Nachfolgende Überlegungen wollen Form und Farbgebung des Wappens von Michael Stein, als auch Fragen nach der Symbolik seiner Elemente und Farben nebst ihrer Bedeutung nachgehen.

I. Untersuchungen zur äußeren Form des Wappens in Gestalt,
Farbgebung und Blasonierung

Die Klosterannalen des Conradus Piscator (Bistumsarchiv Trier) beinhalten eine Auflistung der Äbte mit ihren entsprechenden Wappenbildern, von denen zwar nur einige als authentisch angesehen werden können, dasjenige des Michael Stein hat jedoch gesichert existiert. Weitaus komplizierter verhält es sich mit der Farbgebung des Stein'schen Wappenbildes. Unabhän-gig davon, daß man es bei der Darstellung von nebensächlich angesehenen Einzelelementen von Wappenbildern in damaliger Zeit nicht immer so genau nahm, existieren mehrere gezeichnete, gestochene und eine colorierte Darstellung, die in der Farb-gebung variieren. 

 Abb. 2
Darstellung des Wappens von Abt Michael Stein aus dem
Trierer Exemplar der Wadgasser Klosterannalen Conradus Piscators

Die Darstellungen innerhalb der überlieferten Klosterannalen

Außer den bereits erwähnten Piscator'schen Annalen in Trier, die - zumindest was die Darstellung der Abtswappen anbetrifft - bis Michael Stein fortgesetzt worden sind, existiert ein weiteres Exemplar der Piscator'schen Annalen aus der ehem. Prämonstratenserabtei Strahov, innerhalb dessen die Wappen durchgehend coloriert dargestellt sind.  An dieser Stelle noch wichtig zu bemerken ist die Tatsache, daß bei allen historischen Wappendarstellungen berücksichtigt werden muß, daß diese nicht mit den Kriterien der moderneren Heraldik gemessen werden können, die sich im Wesentlichen erst im 19. Jahrhundert entwickelt hat. Nicht selten kommt es daher immer wieder zu Abweichungen und Modifi- zierungen bei Farbdarstellungen und der entsprechenden Schraffuren

1.1. Die Trierer Annalen

Die Trierer Annalen verwenden bereits die auch heute heraldisch üblichen Schraffuren zur Darstellung der Farben. Dabei ist zu erkennen, daß für das Wappen sich folgende Farben aufgrund der eingezeich- neten Schraffuren ergeben: Der Teilungsbalken des geteilten und oben gespaltenen barocken Rund- schildes wird 'gold' (Punktschraffur) dargestellt. Der Hintergrund des rechten oberen Spaltes ist 'silber' (ohne Schraffur) dargestellt. Darin befindet sich ein Arm mit Hammer aus dem Vorderrand hervor- gehend. Die den Hammer umfassende Hand erscheint ebenfalls in silber. Der Hammerstiel schwarz, der Hammerkopf silber. Die Schraffur des Armes könnte 'schwarz' oder 'eisenfarb' (=ein helles Graublau) sein. Der Hintergrund des linken oberen Spaltes ist  'blau' (=Querschraffur) dargestellt. Die blühende Lilie aus dem Unterrand hervorgehend hat weiße (=silber) Blütenblätter. Die Schraffur der Stengel und Blätter ist undeutlich, vermutlich aber in grün (Schrägschraffur). Der Hintergrund der vorderen unteren Teilungsfläche ist 'rot' (Längsschraffur) dargestellt. Die Steinmauer im Vordergrund erscheint wiederum in weiß (=silber).

1.2. Die Strahover Annalen

Die colorierte Darstellung der Strahover Annalen deckt sich - zumindest was den Wappenschild, seine Teilung und Spaltung und die dargestellten Figuren und Gegenstände anbetrifft - mit derjenigen der Trierer Annalen. Allerdings kommt es zu Abweichungen bezüglich der Farbgebung. Wie wir anhand nachfolgender Abbildung erkennen können, wurden die Farben der Hintergründe des linken oberen

Spaltes und diejenige der vorderen unteren Teilungsfläche vertauscht. Das Graublau der Arm-Colorierung bestätigt allerdings die Vermutung von 'eisenfarb' für die Arm-Darstel- lung. Diese Abweichung innerhalb der beiden Annalen-Handschriften kann mit einer gewissen Ungenauigkeit der jeweiligen Zeichner begründet werden wo-bei die einfache Vertauschung zweier Hintergrundfarben des Schildes eher auf eine gewisse Nachlässigkeit schliessen läßt. Hätten wir nur diese beiden Dar-stellungen des Stein'schen Wappens, fiele es nun schwer, sich für die eine oder andere Variante zu entscheiden, da es sich ja bei beiden Annalen-Ausgaben um direkt im Kloster Wadgassen angefertigte, handgeschrie- bene geschichtliche Werke handelt. Abhilfe aus dem Dilemma schafft ein interessanter gedruckter Text aus der Trierer Stadtbibliothek. Die anläßlich der Abtswahl von Michael Stein im Jahre 1743 in gedruckter Form herausgegebene 12-seitige Festschrift mit dem Titel 'Lapis Mysticus...' enthält auf Seite 2 eine Prunk-Variante des Stein'schen Wappens (vgl. hiezu Abbildung 1 dieses Aufsatzes). Die dort erkennbaren Schraffuren bestätigen die Farbge- bung des Strahover Exemplars der Annalen. Weiters wird die derzeit laufende Übersetzung der Festschrift aus dem Lateinischen noch

Abb. 3
 Darstellung des Wappens von Abt Michael Stein aus dem Strahover Exemplar der Wadgasser Klosterannalen
(Bild mit frdl. Genehmigung Dr. Horst Simmer, Wadgassen)

nähere Informationen zur Begründung und Bedeutung der dargestellten Symbole liefern.Die Schrift, die am Beginn der Amtszeit von Michael Stein (1743) in Metz gedruckt worden ist, scheint eine authentische Farbgebung aus folgenden Gesichtspunkten heraus zu dokumentieren und als bindend festzulegen:

    a) Mit Sicherheit erfolgte die Entscheidung für ein Abtswappen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Abtswahl. Wird also anläßlich der Abtswahl eine Druckschrift veröffentlicht, so muß angenommen werden, daß die dort dargestellten Abts-Insignien als am ehesten authentisch zu nennen sind.

    b) Das Trierer Exemplar der Klosterannalen wurde - anders als das Strahover Exemplar - mit dem Tode von Abt Johannes Adami nicht mehr weitergeführt. Lediglich die Liste der Äbte wurde zusätzlich mit den Abbildungen der jeweiligen Wappen (außer diejenigen der Äbte Schmidt und Bordier) bis zu Jean-Baptiste Bordier fortgesetzt und mit Zeichnungen der Abtswappen versehen. Wir wissen nicht genau um welchen Schreiber es sich dabei gehandelt hat. Da es sich jedoch lediglich um Skizzen handelt, ist von einer nicht sehr hohen Genauigkeit bei der Wiedergabe der Schraffuren auszugehen. Eine Vertauschung wie die oben beschriebene, erscheint daher als durchaus wahrscheinlich.

    c) Im bis 1743 weitergeführten Strahover Exemplar der Annalen befindet sich eine Abtsliste mit den zugehörigen Wappen, die durchgehend coloriert dargestellt worden ist. Offenbar um dieser Serie der Wadgasser Äbte ein bedeutenderes Äußeres zu verleihen, mag diese Arbeit entstanden sein. Da die Annalen 1743 en-den, muß das Strahover Exemplar noch während der Regentschaft von Her-mann Mertz entstanden sein, was die Tendenz zu spätbarocker Ausschmückung und Verschönerung noch unterstreicht.

Abb. 4
 Darstellung des Wappens von Abt Michael Stein aus dem Buch
'Geschichte der Abtei Wadgassen' von Michael Tritz (1901)

Die Farbgebung ist also - wie schon gezeigt - mit derjenigen der Schraffuren der Festschrift Michael Stein von 1743 identisch. Die dargestellten Abweichungen in der Farbgebung des Wappens von Abt Michael Stein machen deutlich, daß mit der von mir digitalisierten Variante, die auf der genannten Festschrift von 1743 basiert, nun eine Darstellung dieses Abtswappens vorliegt, die eine annähernd zuverlässige Farbgebung dieses Wappens zeigt. Fraglich bleibt lediglich, ob die Farbe des Armes mit 'schwarz' oder 'eisenfarb' anzusetzen ist. Letzteres erscheint mindestens auf-grund der graublauen Darstellung in der Stra-hover Farb-Variante wahrschein-licher. Die hier untersuchten Darstellungen des Stein'schen Wappens wären unvollständig, ohne hier auf diejenige aus dem Buch 'Geschichte der Abtei Wadgassen' von Michael Tritz eingegangen zu sein. Die oben (Abb. 4) gezeigte Darstellung macht deutlich, daß der Kupferstecher die Trierer Annalen zum Vorbild genommen hat, da die äußere Gestalt des Schildes als barocke Kartusche und der darin befindlichen Elemente mit diesem übereinstimmen. Die weiteren Abweichungen lassen jedoch nicht lange auf sich warten. Der Künstler hat alles von der Trierer Zeichnung übernommen bis auf eine neu eingefügte Zweiteilung des Spaltbalkens im oberen Schildbereich und - besonders interessant - den Farbwechsel des Armes von 'schwarz/eisenfarb' auf 'rot' (=Längsschraffur). Da der Kupferstecher aufgrund der großen Ähnlichkeit der Darstellungen offensichtlich die Trierer Annalen und deren Wappendarstellungen kannte, ist es sehr verwunder-lich, wie der Graveur zu dieser Änderung in der Farbgebung kommen konnte, denn er stellt bei gleicher Gelegenheit auch gleich noch die Hand in Rotschraffur dar. Nach dieser neuerlichen Variation, die offensichtlich aufgrund mangelnder Darstellungs-genauigkeit erfolgt ist, muß bei einer Farbzuordnung für das Stein'sche Wappen nunmehr definitiv auf die Form und Farbgestalt der Darstellung innerhalb der erwähn-ten Festschrift von 1743 zurückgegriffen werden, um eine einigermaßen verläßliche Darstellung zu erhalten. Bei meiner Digitalisierung (vgl. Abb. 1) habe ich stillschwei-gend eine unbedeutende Anpassung an heraldische Regeln vorgenommen, ohne jedoch die Farbgebung der Wappendarstellung der 'Lapis-Mysticus'–Festschrift zu verändern. Hieraus ergibt sich nun folgende Wappenbeschreibung (Blasonierung) des Wappenschildes ohne die Beigaben, eingeleitet mit einem die Elemente des Wappens beschreibenden lateinischen Satz aus der genannten Festschrift: 

1.3. Blasonierung: Wappenbeschreibung


MALLEVS ATQVE LAPIS, LILIA: CLARA TRIAS(2)

Das Wappenbild des Abtes Michael Stein ist ein ovaler Rundschild (innerhalb einer mantelartigen, mit einem Blumenteppich belegten Barockkartusche), geteilt und im Schildhaupt halbgespalten von schmalem, goldenem Teilungsbalken in Form eines horizontal gespiegelten Antoniuskreuzes. Hervorgehend aus dem Vorder-rand des rechten silbernen Spalts ein eisenfarbener Linkarm, dessen silberne (oder fleisch-farbene) Hand ei-nen Hammer mit goldenem Stiel und gold-schwarzen Hammer- kopf hält. Aus dem Unterrand des linken roten Spalts eine blühende dreiblättrige Lilie in weiß-blau mit grünem Stiel und vier Blättern. Im blauen Schildfuß ein regelmäßiger, perspektivisch dargestellter weißer (silberner) Mauerausschnitt mit 18 Steinen, alternierend zu Reihen von vier und drei Steinen zu einer stilisierten Mauer übereinander gruppiert. 

 

II. Hammer, Stein und Lilie: ‚Lapis Mysticus‘ – zur Wappensymbolik

2.1. Die Elemente des Wappens und ihre Bedeutung

Ausgehend von der nunmehr als gesichert und correct identifizierten Darstellung des Stein’schen Wappens innerhalb der Festschrift ‚Lapis mysticus‘(3)  eine Beschreibung seiner einzelnen Elemente und ihrer Bedeutung.

Der Wappenschild(4)

Auf dem dreigeteilten Rundschild - dem eigentlichen Wappen - sind innerhalb jedes der drei Schildteile jeweils ein Symbolelement dargestellt. Der rechte Spalt des Schildhauptes enthält einen heraldischen Linkarm, dessen Hand einen Hammer hält, der zum Schlagen ausholend erkennbar ist. Die Schlagrichtung ist zur Mitte des Schildes hin orientiert. Der zum Schlagen bereite Arm steht für die aktive Bereitschaft des Schildträgers zu handeln, tätig zu sein. Der Hammer, dessen Form an diejenige des Steinmetzen erinnert und dessen stumpfe Seite besonders betont dargestellt wird, symbolisiert dabei gleichzeitig Macht und Arbeit, unbeirrbare Tätigkeit. Vielleicht werden mit der Darstellung des Hammers und dem Mauerstück Bezug auf die für das kösterliche Leben so centralen Begriffe 'vita activa' und 'vita contemplativa' genommen. Im linken Spalt des Schildhauptes eine natürliche Lilie mit ihren drei Blüten- und Staubblättern und einen Stiel mit 2 je paarweise angeordneten Blättern. Interessant hierbei die Wiederholung der Zahl ‚3‘ bei Blüten- und Staubblättern – ein Hinweis auf Trinität. Zusätzlich erwähnenswert die Tatsache, daß die Lilie als solche ein Symbol für die unbefleckte Empfängnis Mariens und die Dreieinigkeit  darstellt, neben ihrer zentralen Bedeutung als Symbolträgerin für den Prämonstratenserorden(5) . Im Schildfuß erkennbar ein weißes Mauerstück mit 18 Steinen, alternierend zu Reihen von dreien und vieren angeordnet. Der Symbolgehalt scheint klar: Der Name des Wappenträgers Michael Stein erscheint in Form des weißen – also reinen – Mauerstückes. Aus den vielfältigen Möglichkeiten einer Deutung der Zahl 18 für die Anzahl der Steine erscheint eine als besonders plausibel: Die 18 Steine stehen für die ersten 18 Buchstaben des Alphabetes, wonach man – bei der im 18. Jahrhundert üblichen Zusammenziehung von I und J – zu dem Buchstaben ‚S‘ gelangt, dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens des fünfunddreißigsten Wadgasser Abtes Michael Stein.

Barocker Wappenmantel und Prunkstücke

Eingefaßt wird der Wappenschild von einer mit pflanzlichen Blattornamenten aufge-lockerten, barocken Kartusche, im Hintergrund belegt von einem rautenförmi-gen Gitterwerk, an dessen Schnittpunkten jeweils vierblättrige Blüten aufgesetzt sind deren Blütenböden auf den Schnittpunkten angeordnet sind. Die volutenhaften Kartuschenbegrenzungen gehen in pflanzliche Blattverzierungen über. Die so aufgelockerte Kartusche zeigt im unteren Drittel auf beiden Seiten je drei zu einer hängenden Girlande aufgereihte Lilienblüten, die nach unten weisen. Am oberen Kartuschenrand drei Prunkstücke. Rechts die Inful – die Mitra des Abtes(6)  – mit Edelsteinen besetzt und den zwei wehenden Bändern. In der Mitte erneut die Lilie aus dem linken Schildhaupt. Links der Krummstab (Pendum) – das Hoheitszeichen des Abtes – mit Nodus und zahlreicher Rocaillenverzierung, in dessen Mitte eine blühende heraldische Rose. Die Wiederholung der blühenden Lilie als Prunkstück bedeutet das Wiederaufleben und Erstarken der Abtei Wadgassen in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. Bis zum Amtsantritt Michael Steins waren vielfältige Baumaßnahmen unter seinem Vorgänger Hermann Mertz bereits zu einem Abschluß gekommen und hatten Schäden, die während des Dreißigjährigen Krieges und in den Jahren danach entstanden waren behoben. Abt Stein setzte besonders diese Bautätigkeiten in Wadgassen und den zur Herrschaft Wadgassen gehörenden Gebieten im heutigen Saarland, Lothringen und Rhld.-Pfalz fort. Diese seine vielfältigen Aktivitäten sind nicht zuletzt auch in der Symbolik der Elemente seines Wappens erkennbar. Der zum Schlagen gehobene Arm mit einem Hammer steht für Aktivität und Abwehr von Anfeindung und Bedrohung zugleich. Der Mauerabschnitt symbolisiert geplante Festigkeit und Stärke, reminisziert den Namen Stein und überträgt ihn in die entsprechende heraldische Bildsprache. Als Symbol für Reinheit, Trinität und den Prämonstratenserorden verkörpert die Lilie im Wappen von Abt Stein die Unterstreichung des kontinuierlichen fruchtbringenden Fortwirkens der Prämonstratenser in Wadgassen, die auf das bisher erreichte mit Stolz blicken.

[wird fortgesetzt]

 

Anmerkungen

1  Klosterannalen des Conradus Piscator
2 „Hammer und auch Stein, Lilie: Klare Dreiheit“, zweiter Vers des Chronodistichons unterhalb der Abbildung des Wappens von Abt Michael Stein in der Festschrift ‚Lapis Mysticus‘, Metz/Wadgassen, 1743, Seite 2 [Original: Stadtbibliothek Trier].
3 Vgl. Anmerkung 2
4 zur Farbgebung vgl. Abschn. 1.3. Blasonierung, Wappenbeschreibung dieses Aufsatzes
5 Schon kurze Zeit nach der Gründung des Ordens durch Norbert von Xanten verlieh der französische König dem orden das Recht, die königliche Lilie als Ordenssymbol zu führen
6 Seit Abt Johannes Adami (Abt von 1667-1677) erwarben die Wadgasser Äbte das Recht, die mit besonderen bischöflichen Privilegien verbundene Mitra (Inful) zu tragen, ein Hinweis auf die besondere Bedeutung der Abtei Wadgassen und ihrer Vorsteher nach dem Dreißigjährigen Krieg.

 

 

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Patrik H. Feltes, M.A. [p.feltes@wadegotia.info]