flügels im
Jahre 1719 ein Bibliotheksneubau südlich des Kreuzganges aufgeführt
wurde und bis 1721 fertiggestellt war[3].
Zeitbedingt wird es sichum einen hoch- bis spätbarocken Bibliotheksraum
gehandelt haben, über den wir leider keinerlei detailiertere Angaben
besitzen[4]. Daß eine Bibliothek
von nicht unbeträchtlichen Ausmaße
im Wadgasser Kloster vorhanden war, bedingt die Tatsache, daß die
klösterliche Ausbildung undErlernung theologischer und praktischer
Inhalte für jeden Chorherren obligatorisch gewesen ist. Neu ins Kloster Eingetretene wurden
in den Gegenständen des Triviums (Grammatik, Rhetorik und Dialektik)
und des Quatriviums (Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie)
unterrichtet[5]. Für eine Abtei,
bei der es nicht selten war, daß gleichzeitig weit mehr als 50 Conventualen
wohnten und arbeiteten, muß die Existenz einer eigenen Bibliothek
nicht nur angenommen, sondern als bedeutend betrachtet werden. Neben
den Grundkenntnissen erwarben die Chorherren alle weiteren Fähigkeiten, die
zur
späteren Arbeit in den Pfarreien, die zum Wadgasser Einflußbereich gehörten, nützlich
waren. Diese Ausbildung befähigte sie
zur Erfüllung der priesterlichen Pflichten, aber auch zur Führung
der dort vorhandenen Wirtschaftsbetriebe, der stellvertretenden
Ausübung der Rechte des Abtes als Grundherr oder einfach zur Schlichtung
von Streitigkeiten von Bewohnern der ausgedehnten Abteibesitzungen.
Hierfür wurden genauso Bücher benötigt wie für die
zur Aus- und Weiterbildung notwendigen Schriften der Theologie und
Philosophie oder Werke, die praktische Anleitungen für Alltägliches
beinhalteten. Auch historische und juridische Werke waren für das
Studium unabdingbar.
Sicherlich waren neben Titeln aus den genannten Bereichen auch die
Standardwerke der oben bezeichneten Disziplinen vorhanden, denn
man "las alle Klassiker"[6] aus der Antike und vor
allem auch die zeitgenössischen Werke christlichen Inhalts.
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Plünderung,
Vernichtung und Wiederherstellung Die
Plünderungen und Verwüstungen des 30jährigen Krieges haben definitv
auch
die Buchbestände in Wadgassen stark dezimiert. Johannes Adami -
Abt in Wadgassen seit 1667 - war bestrebt, auch diese Notlage der
Abtei zu lindern.Er schickte die Chorherren Petrus Marx (er wurde
später Abt von 1677-1705) und Conradus
Piscator (ursprünglich aus Bous stammend fungierte er als Archivar
und Chronist der Abtei, später als Conventsältester) zur Generalversammlung des Ordens nach Prémontré mit der
Anweisung, die dort zusammenkommenden Vertreter der Abteien in Frankreich,
Flandern, Belgien um Spenden für Wadgassen zu bitten. Sie bringen
von ihrer Reise schließlich Geld, Geräte und Kleidungsstücke - vor
allem aber Bücher - mit, die einen besonderen Wert[7] darstellten.
Piscator selbst berichtet in seinen Annalen der Abtei, daß diese
Bücher Glanzstücke der Wadgasser Bibliothekt[8] ausmachten.
Nach Übergriffen einer Revolutionssoldateska aus Saarlouis
drei Jahre nach Ausbruch der Französischen Revolution verließen
die Wadgasser Chorherren fluchtartig ihr Kloster. Die aufgelassenen
Abteigebäude waren nun Plünderungen, Feuer und Raubzügen ausgesetzt.
Alles was nicht niet- und nagelfest war, wurde geraubt. Selbst die
Steine der Gebäude wurden abgetragen und zum Bau neuer Häuser in
den umliegenden Orten verwendet.
In
alle Winde zerstreut... Währenddessen ist auch
die Bibliothek verlorengegangen. In dieser Zeit oder wenig
später kamen auf bisher nicht bekanntem Weg 13 Inkunabeln[9] aus
Wadgasser Besitz in die Stadtbibliothek Metz, in denen sich der
Vermerk 'Bibliotheka Vadegotiensis' befindet. Fünf dieser Bücher
wurden leider am Ende des 2. Weltkrieges zerstört. Ein erhalten gebliebener
Katalog verzeichnet jedoch noch die gesamten 13 Titelt[10]. Neben drei Bibelausgaben
(z.B. 'Biblia Latina' aus dem Jahre 1487) und einem zeitgenössischen
grammatischen Werk finden sich vor allem Klassiker der Predigtliteratur
(z.B. Johannes von Quedlinburg: Sermones de tempore (1483)) und
weitere theologische Schriften. Ebenfalls vorhanden ist die seinerzeit
sehr populäre 'Scala Coeli' des Johannes Gobius unter den Bänden,
die eine beliebte Beispielsammlung von Geschichten und Erzählungen
zur Illustration christlich-theologischer Inhalte darstellt. Ein
interessanter Sammelband, bei dem drei verschiedene Bände zu einem
zusammen-gebunden wurden, enthält das Buch 'Liber marescalcia seu
de natura ... equi' des Laurentius Rusius, das sich mit der Natur
und den Krankheiten der Pferde beschäftigt. Ein Curiosum ist der
zweite beigebundene Band mit dem Titel 'De secretis mulierum et virorum'
(von den Geheimnissen der Frauen und der Männer), das Albertus Magnus
zugeschrieben wurde. Das Buch war seit 1603 von der katholischen
Kirche auf den Index gesetzt worden und behandelt Themen, die sich
mit dem Eheleben beschäftigen. In 12 Kapiteln wird nicht nur über
das angeblich durch die Frauen bedrohte Seelenheil der Männer räsoniert,
sondern nach astrologischen Kriterien ausgerichtete Anleitungen
zu Schwangerschafts- und Sterilitätsproben, Missgeburten oder Gebärmutterinsuffizienzen
angeführt bis hin zur Entwicklung des Spermas. Trotz Indizierung
ist es nicht ungewöhnlich, daß sich ein solches Buch zu praktischen
Gesundheits- und Hygienefragen in der Wadgasser Bibliothek befunden
hat, das Kloster unterhielt ja auch ein Hospital. Die Tatsache,
daß wir das Buch nur beigebunden finden, mag jedoch auf die Vorsicht
der Bibliothekare schließen lassen, ein auf dem Index stehendes
Buch im Bestand zu haben. Das dritte beigebundene Werk wird als
'Visio Tnugdali' angegeben, ein früher Druck eines im Mittelalter
weit verbreiteten Werkes ursprünglich irischer Herkunft, in dem
u.a. eine Vision des Paradieses geschildert wird, die, von Ritter
Tnugdal aufgezeichnet, als eine Vorläuferin der Paradiesschilderung
in Dantes 'Göttliche Komödie' gelten kann. Die hier nur kurz erwähnten
Bücher aus der ursprünglichen Wadgasser Klosterbibliothek lassen
zwar nicht zwingend Aussagen zu dem Gesamtbestand der klostereigenen
Büchersammlungen zu, geben jedoch einen ersten Eindruck der Vielfalt
der stiftseigenen Buchbestände, über die sich vielleicht zukünftig
noch weitere Informationen zusammentragen lassen.
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[1]
erweiterte Fassung eines für die 'Wadgasser Nachrichten' im September
2002 geschriebenen Beitrags von Patrik H. Feltes [2]
Der Stich stammt von dem Luxembourger Kupferstecher Johann Georg
Weiser und ist mit dem Jahr 1736 (vgl. Abbildung)
gekennzeichnet [3]
Skalecki, Georg: Baumeister und Bauhandwerkern beim barocken Neubau
der Prämonstratenserabtei Wadgassen. In: Kurtrierisches Jahrbuch
33, 1993, S.159-175 (zugleich auch als InterNetz-Veröffentlichung
unter http://www.skalecki.de/Georg/Publikationen/Dokument_3/body_dokument_3.html) [4]
ein genauerer Blick auf den bereits erwähnten Stich aus dem Jahre
1736 localisiert die Position 11 'Bibliotheca' im Osttract
des Abteibaues, was mit den vorhergehenden Ausführungen nicht ganz
übereinstimmt. Möglicherweise ist hier die Zahlenangabe auf dem
Stich ungenau. [5] Tritz, Michael:
Geschichte der Prämonstratenserabtei Wadgassen (...). Wadgassen:
Selbstverlag, 1901 [ND 1978], S. 402
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[7]
Burg, Josef:
Conradus Piscator - Chorherr aus Bous. IN: Prämonstratenserabtei
Wadgassen. 1135-1792. Beiträge zur Abtei- und Ordensgeschichte.
Wadgassen: Kath. Kirchengemeinde, 1985, S. 90f [8]
ebda, S. 91 [9] Inkunabel (=
Wiegendruck) Bezeichnung für frühe Drucke mit beweglichen Lettern
aus der Zeit vor dem Jahre 1500 [10]
siehe bei: Flesch,
Stefan: Die monastische Schriftkultur der Saargegend im Mittelalter.
Saarbrücken, 1991, S. 166ff. Dort ist die vollständige Liste der
Metzer Bücher aus Wadgasser Besitz abgedruckt
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